Mayra Andrade

Vor sechs Jahren gab es in der Kulturarena ein besonderes Eröffnungskonzert: Auf der Bühne stand damals eine junge, gerade 22-jährige Sängerin aus dem kleinen Inselstaat Kap Verde, die mit ihrer flotten, afrikanisch-portugiesisch angehauchten Musik das Arenapublikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Die Sängerin war keine andere als Mayra Andrade, die nun mit ihrer mittlerweile vierten LP „Lovely Difficult“ zurückkehrt. Lange wurde sie als Nachfolgerin der anderen großen kapverdischen Sängerin Cesária Évora gehandelt, obwohl ihre Musik durchaus anders klingt. Cesária Évora ist inzwischen 2011 in ihrer Heimatstadt Mindelo verstorben, und Mayra Andrade ist wesentlich mehr als nur ihre legitime Nachfolgerin. Sie ist eine Art Kulturbotschafterin eines Landes, dessen Altersdurchschnitt gerade einmal 18 Jahre beträgt und in dem an allen Ecken und Enden gesellschaftlicher Aufbruch zu spüren ist.

Historisch verbinden sich in Kap Verde unzählige Kulturen: Portugiesische Einflüsse treffen auf westafrikanische, brasilianische wie auch – durch die große Menge im Ausland lebende Kapverder – französische, britische und andere. Mayra Andrade selbst hat in ihrer Biografie einen zusätzlichen internationalen Einschlag: Ihr Stiefvater kämpfte einst für die Unabhängigkeit des Landes und lebte als Diplomat samt Familie unter anderem im Senegal, in Angola und in Deutschland. Als Teenager saugte Andrade all diese Eindrücke auf und verband sie mit den Traditionen ihrer Heimatinsel Santiago. Mit dieser Mischung schaffte sie es 2001 (mit gerade einmal 16 Jahren) zu den Francophone Games in Ottawa, wo sie mit einem französischsprachigen Song die Goldmedaille gewann. Dieser Titel war nicht nur der Beginn der erstaunlichen Karriere der Mayra Andrade, es war auch ein Versprechen: eine neue, kosmopolitische Weltmusik mit tiefen eigenen Wurzeln, den Blick immer nach vorn gerichtet, aus einer unvergleichlichen Stimme schöpfend. Damit sollte sie denn auch ab 2007, als ihr Debütalbum „Navega“ erschien, die Welt erobern. Wo Cesária Évora als Königin der Morna galt, des Stils der kapverdischen Insel São Vicente, mischte Andrade den eher perkussiven, afrikanisch geprägten Stil Batuku ihrer Heimatinsel Santiago mit brasilianischen und westlich-poppigen Klängen. Auf „Navega“ sang sie im kapverdischen Idiom, später kamen Französisch und Portugiesisch hinzu. Auf „Lovely Difficult“ schließlich musiziert sie viersprachig, auch englische Titel sind hier zu hören. Das ist nur folgerichtig, denn aufgenommen wurde das Werk im englischen Brighton mit dem Produzenten Mike „Prince Fatty“ Pelanconi, sonst eher bekannt durch Acid Jazz-, Pop- und Dub-Veröffentlichungen. Dementsprechend ist „Lovely Difficult“ auch ein enorm vielseitiges, persönliches Album, getragen wie immer von einer unverwechselbaren, samtweichen Stimme.

Foto: Vanessa Filhomd